Maike: Martin, Du bist systemischer Berater für die frühe Kindheit und wirst im Mai bei den Ahoi Mamas den ersten Kurs für die Papas anbieten! Worum wird es in dem Kurs gehen?

Martin: In dem Kurs wird es darum gehen, dass der Teil der Eltern, der nicht schwanger war bzw. entbunden hat, seine Chancen in der gemeinsamen Zeit mit dem Kind erkennen kann - für sich selbst, für das Kind, aber auch für die Partnerschaft. Eine geteilte Präsenz am Kind senkt laut Wissenschaft die Scheidungsrate.

Wir sprechen hier vom Vater, es kann aber natürlich auch eine zweite Mutter oder ein Co-Vater sein! Es wird um einen Austausch gehen, um Gedanken und Gefühle, Hoffnungen, Sorgen und Wünsche für die erste Zeit als Familie. Darum, wie eine Bindung entsteht und welche Bedeutung diese hat.

 

Maike: Wieviel Prozent der Väter wollen sich die Zuständigkeit für das Kind denn generell gleichberechtigt mit der Mutter teilen?

Martin: Das sind heutzutage 50%.

Maike: Und wieviel tun es tatsächlich?

Martin: Leider gerade mal 20%. 

Maike: Was denkst Du, woran es bei der Umsetzung scheitert?

Martin: Dafür gibt es sicherlich vielfältige Gründe. Einer davon ist wahrscheinlich, dass die Frauen sich in den letzten Jahrzehnten verändert haben, sich "auf den Weg" gemacht haben, während die Männer doch noch häufiger in alten, traditionellen Rollenmustern verharren. Die Frauen arbeiten zwar schon mehr als früher, die Männer aber oft noch nicht weniger. Das macht es für die Umsetzung natürlich schwer. Und erhöht gleichzeitig den Druck auf die Frauen.

Aber auch finanzielle Gründe sind sicherlich gegeben. Immernoch verdienen die Männer häufig mehr als die Frauen.

 

Maike: Wie lange sollte denn ein Papa Deiner Meinung nach nach der Geburt zu Hause sein?

Martin: Schön wären 4 Wochen, natürlich immer mit Luft nach oben. Ich meine allerdings mit 4 Wochen tatsächlich 4 Wochen, in denen er Zeit für seine Familie hat und nicht nebenbei arbeiten muss.

Maike: Und was hälst Du von der Elternzeit für den Vater?

Martin: Die Elternzeit finde ich natürlich absolut super. Die Zahl der Väter, die Elternzeit nehmen, hat sich in Deutschland seit 2008 verdoppelt. In Island leben tatächlich 96% folgendes Modell: 5 Monate Mama, 5 Monate Papa, 2 Monate optional. Das ist echt eine tolle Sache. Dazu muss ich aber sagen, dass in Island auch mehr Geld gezahlt wird.

 

Maike: Was ist, wenn die Kinder schon älter sind und ein Vater sich mehr einbringen möchte?

Martin: Es gibt da kein "zu spät". Zwar ist der Anfang, also das erste Lebensjahr, ein wichtiger Zeitraum, um eine intensive Bindung herzustellen, aber zu spät ist es nie. Für den Vater ergibt sich jederzeit aus der Zeit mit den Kindern so viel, es ist, als würde sich eine ganz neue Welt öffnen. Zwar ist es natürlich anstrengend, aber es macht auch Spaß! Die Kinder halten einem den Spiegel vor - wenn man sich traut, hineinzuschauen, lernt man unglaublich viel über sich selbt. Das kann widerum auch beruflich sehr bereichernd sein.

 

Maike: Glaubst Du, dass ein Austausch unter Papas wichtig ist?

Martin: Auf jeden Fall. Es geht auch für den Vater darum, eine Unterstützung darin zu bekommen, das Kind lesen zu lernen. Was bedeutet das Weinen? Ist es Hunger oder Müdigkeit? Der Austausch hilft beim Hineinwachsen in die Vaterrolle, also dabei, den eigenen Weg zu finden. Denn es geht dabei ja nicht darum, eine Kopie der Mutter zu werden! Die Väter spüren vielmehr ihre eigenen Kompetenzen.

 

Maike: Gibt es noch etwas, das Dir in Bezug auf dieses Thema wichtig ist?

Martin: Ja, mir ist wichtig, zu sagen, dass die Väter die gleichen intuitiven Fähigkeiten haben wie die Mütter. Das heisst: Sie können es genau so gut!